Der Grasnarben-Check im Frühjahr.
Für hohe und hochwertige qualitative Futtererträge braucht es eine gute Vorbereitung der Wiesen im Frühjahr. Vor allem gilt es Lücken in der Grasnarbe zu reparieren. Oft wuchert der Filz von Gemeiner Rispe oder Löwenzahn statt Futtergräsern in den Beständen. Die Strategie ist der Aufbau dichter Grasnarben. Gute Tipps dazu finden Sie in diesem Beitrag vom Futterwiesenexperten Johann Humer.
Grasnarben-Check
Wiesen müssen im Frühjahr zuerst auf diverse Ablagerungen und Lücken in der Grasnarbe kontrolliert werden. Wieseneggen vor dem Ergrünen ebnet Wirtschaftdüngerreste und offenen Boden von Tritt- oder Fahrschäden oder Schädlingskalamitäten ein. Gleichzeitig schafft Eggen besseren Aufgang für Einsaaten. Rasches Walzen danach fördert die Wasserversorgung, beschleunigt den Anwuchs und reduziert Futterverunreinigungen. Nicht lückige, fitte Wiesen eggt oder striegelt man im Frühjahr nicht. Unnötige mechanische Eingriffe schädigen bloß die Grasnarbe und führen zu Ertragsverlusten beim so wichtigen ersten Aufwuchs. Leistungsfähige Futterwiesen brauchen Aufbau und Erhalt dichter Grasnarben. Die anfänglich dichten Grasnarben neu angelegter Wiesen demonstrieren das mit besten Erträgen. Dichte Grasnarben liefern in den ersten Jahren doppelt so hohe Erträge als aufgelockerte. Das zeigt, wie wichtig dichte Grasnarben sind. Intensive Mähnutzung lockert die Wiesennarbe nach 3 bis 5 Jahren auf. Besonders üppig wüchsige Horstgräser erschöpfen früh und bilden Lücken. Die Folgen sind Ertrags-und Qualitätsverluste durch Erdverschmutzung des Futters mit Ausbreitung von Ampfer und Löwenzahn als Lückenfüller. Hauptursache für das frühe Absterben von Gräserhorsten ist der heutige notwendige Vielschnitt von Wiesen von 3 bis 7 Nutzungen für hohe Futterqualität für hoch leistendes Zuchtvieh. Die Gräserhorste erschöpfen sich dabei früher durch ⬤ schnelles Wachstum = hoher Ertrag, ⬤ intensive Düngung ⬤ und viel längere Vegetationszeiten durch wärmeres Klima.
Löwenzahn zeigt lückige Grasnarben
Je mehr Löwenzahn im Frühjahr blüht, umso lückiger sind Grasnarben. Der Löwenzahnanteil verweist auf das Ausmaß ausgedünnter Grasnarben. Er ist damit Indikator für Verlust von Ertrag, Qualität und potenzieller Einkommenschancen. Lückige, nicht regenerierte Mähwiesen haben oft nur 50 % der Erträge von Neuanlagen. Das sind rund 6 t TM/ha Verlust oder ~ 1200 €/ha/Jahr für Heu auf Zukaufbasis.
Einsaat Tips zum Narbenaufbau
Für einen guten Aufgang und Anwuchs von Einsaaten braucht es:
- standortgerechte Sorten- und Artenauswahl bei der Einsaatmischung
- genug Bodenfeuchte
- genug offenen Boden und Licht zur Keimung
- keine Konkurrenz des Altbestandes (daher vorher kurz halten)
- gezielte Einsaatzeiten mit leichter, flexibler Sätechnik
- Einsaatwiederholung zur Risikostreuung

Saatgut der Schlüssel in jedes Bauern Hand

Welche anzusäenden Sorten von Grasarten und Mischungen für oder gegen einen Wiesenstandort sprechen, muss vor der Saatgutbestellung klar sein. Mit der individuellen Sorten- und Artenwahl hat jeder Grünlandbauer den Schlüssel zu lokal gut wüchsigen, nachhhaltigen und gesunden Grasbeständen, in der eigenen Hand. Beim Einsatz fertiger Nachsaat-Mischungen muss immer der Blick zuerst auf die Eignung je nach Lage (feucht/mittel/trocken) erfolgen. Zur Artenauswahl geben die ÖAG Einsaatmischungen (NA, NATRO, NAWEI, NI, NIK, KWEI) geben einen Standard vor.
Bessere Erträge mit Zumischung standortgerechter Gräser
Für beste Erträge braucht es gesunde, standortgerechte, also örtlich gut wüchsiger Gräser. Erreicht wird das durch gezielte Sortenwahl, rechtzeitige Bestellung und Zumischung zu fertigen Nachsaat-Mischungen. Jeder Händler hat gewisse einzelne Gräser bei rechtzeitiger Bestellung. Folgesaaten mit Zumischung haben die Chance, dass gezielt jene Arten zum Zug kommen, die vor Ort bereits gut wüchsige Eigenschaften zeigen, also bestens für den Standort passen. Die Zumischung erfordert Kenntnisse zur individuellen Sorten- und Gräserwahl ⬤ zum Erkennen dieser Gräser, ⬤ ihrer Standortsortsansprüche und ⬤ ihres Futterwertes.
Die Kunst der Zumischung liegt in der richtigen Auswahl gesunder, örtlich frohwüchsiger Futtergräser. Zumischung im Ausmaß von einem Drittel bis zur Hälfte der Saatmenge zu fertigen Saatgutmischungen verbreitert ihre Eignung und Genetik. Dieser Arten- und Sortenmix verbessert auch die genetische Biodiversität der Saat, wirkt somit zusätzlich ertrags-stabilisierend. Die Zumischung ist zudem bestellflexibel, da sie sich nach der Sorten-Verfügbarkeit im Handel orientiert. Auch bei Folge-Einsaaten verbessert die Zumischung Grasnarbe und Ertrag durch die bestwüchsigen standörtlichen Gräserarten. Da bei Fertigmischungen erfahrungsgemäß nie alle gesäten Gräserarten zum Durchbruch kommen, verbessert die gezielte Zumischung den produktiven Saatguteinsatz.
Klimawandel, Schädlinge, neue Unkräuter
Der Klimawandel zwingt zur Anpassung bei Wiesengräsern. Zunehmende Dürreperioden und Engerlingsbefall erfordern den Einsatz besser trockenheitsverträglicher Futterpflanzen. Solche Arten zeichnen sich durch eine tiefere Durchwurzelung aus. Gleichzeitig verringern sie Wurzelfraßschäden durch Engerlinge. Dichte bewachsene, gut wüchsige Grasnarben sind kühler und trocknen weniger aus. Ihre dichte Narbe verhindert gleichzeitig die Eiablage und Ausbreitung aller Maikäfer-Arten. Ebenso verhindern sie die Ausbreitung von Unkräutern, speziell von Lückenbüßern wie Löwenzahn und Ampfer. Mit dem Klimawandel verbreiten sich nun vielerorts wärmeliebende Arten wie Schafgabe, Pippau,
Feinstrahl und giftige Kreuzkräuter, da seicht wurzelnde Gräser rasch vertrocknen und Lücken bilden.
Der Klimawandel begünstigt auch Nager, die zusehends Grasnarben zerstören. Ebenso beeinträchtigt extremer Vielschnitt und häufiges Befahren mit schwerem Gerät den Wurzelwuchs stark. Das verstärkt den Trockenstress und beschleunigt das frühere Absterben alter Grasnarben. Junge Saaten durchwurzeln dagegen den Boden intensiver, wachsen besser und dichter und liefern viel besseres Futter in Mineralstoffgehalt und Futterwert.
: Immer mehr durchsetzte Wiesen mit immer größeren Maulwurfshügeln vermindern durch Erdbeimengungen die Futtererqualität wenn dichte Grasnarben fehlen
Gezielte Sortenwahl für Futterwiesen
Durch die richtige Auswahl der standörtlich bestwüchsigen Gräser und Kleearten, hat jeder Grünlandwirt den Schlüssel zum Erfolg selbst in der Hand. Ertragsentscheidend ist wie beim Vieh, dass beste Genetik, also Sorten mit besten Eigenschaften zum Einsatz kommen. Sorteninformationen bieten dazu AGES, ÖAG und LfL in Bayern. Aus gutem Grund säen Praxispioniere mit langjähriger Einsaaterfahrung wie Robert PICHLER in OÖ nur gezielt jene Gräsersorten, die regional am besten in der Sortenprüfung von LfL und AGES abschneiden. Prüfstandorte für Gräser und Klee gibt es in Grabenegg (NÖ), Freistadt, Lambach (OÖ), Gumpenstein, Piber, Admont (Stmk) und Rotholz (T).
https://bsl.baes.gv.at/kulturen/graeser/?L=0
Diese öffentlichen Sortenprüfberichte und Wissensschatz zur regionalen Sortenwahl für Einsaaten nutzen Grünlandwirte im Gegensatz zu Ackerbauern noch kaum, trotz doppelt so hoher Ertragssaussichten und ständig höherem Qualitäts- und Futterbedarf.
Wiederholte Einsaat, der Schlüssel zum Erfolg
Das Gelingen eines einzelnen Einsaat-Termines ist oft durch ungünstige Aussaatverhältnisse mit schlechtem Aufgang bedroht. Wiederholte Einsaat mindert das Witterungs-Risiko von schlechtem Aufgang. Eigene Erfahrungen zeigen, dass es bis zu drei Einsaatjahren braucht, um beste Grasnarben und Erträge aufzubauen.
Die klassische Wieseneinsaat erfolgt im Spätsommer, wenn die Einsaat wenig Konkurrenz hat. Frühjahres-Einsaaten braucht es zur Reparatur von Narbenlücken durch Auswinterung,
Mausgängen oder immer mehr und größerer Maulwurfshügel. Offene oder aufgerissene Bodenstellen sind in der Vegetationszeit immer sofort einzusäen, weil auf frischem Boden das Saatgut besser keimt und weniger Unkraut aufkommt.
Fazit
Jedes Frühjahr können die Chancen neu zur Wiesenverbesserungen genutzt werden. Gelungene Einsaaten mit Kosten von 200-300 €/ha mit 2 Säterminen mit je 10 kg Saatgut/ha/Jahr bieten die Chance auf Verdoppelung der Erträge ab dem dritten Einsaatjahr. Diese rentable Investition leisten nur standortgerechte Grassorten. Auskünfte, Kurse, Beratung mitsamt Gräserführerschein zur standortgerechten Gräser-, Saatgutwahl bietet der Autor, Futterwiesenexperte HUMER und die LK-Grünlandberater an.
Standort-Eignung von Futterpflanzen im Mähgrünland für Neuanlagen und Einsaat
Gräser/Kleeart | Standortansprüche / Lage-Eignung | Ertragskraft | Trockenheits-Toleranz | Kampfkraftin Jugend | Verdräng- ungsvermögen i.d.Jugend | Kampf-kraftim Alter | Reinsaat-mengekg/ha (AGES) |
Englisches Raygras | Allroundgras für feuchte-trockene Lagen | mittel-gut | mittel | 1 | 1 | 2 | 15-35 |
Glatthafer | Zukunftsgras für warme – trockene Lagen bei reduzierter Nutzungsintensität | ertragreich | gut | 2 | 2 | 1 | 25-40 |
Knaulgras | Allroundgras für mittel-trockene Lagen | ertragreich | gut | 3 | 4 | 1 | 15-20 |
Timothegras | nur für lehmige, feuchte Wiesen, gut wüchsig in Berglagen oder Feldfutter | ertragreich, derb | nein, frosthart | 3 | 4 | 2 | 10-15 |
Goldhafer | Robustes und beständiges Mittelgras in alle Lagen, besonders im Bergland | mittel, < 50% Ertragsanteil | gut | 3 | 4 | 2 | 12-15 |
Wiesenrispe | sehr variabel, nicht zu feucht, besonders dichter Narbenbildner bei Weidenutzung | mäßig | mäßig | 5 | 5 | 3 | 12-15 |
Rotschwingel | Allroundgras für warme – trockene Lagen | mittel | gut | 3 | 5 | 1 | 15-25 |
Wiesenfuchsschwanz | ideal für nasses Grünland | mittel | nein | 3 | 4 | 1 | 10-20 |
Hornklee | ideal für trockenes Grünland | mäßig | gut | 3 | 5 | 3 | 12-17 |
Weißklee | nicht zu nasse u. trockene Lagen | mittel | mäßig | 3 | 5 | 2 | 8-12 |
Rotklee | Allroundart für mittel-trockene Lagen | ertragreich | gut | 1 | 2 | 3 | 10-15 |
Luzerne | nur für warme, mittel-trockene Lagen | mittel-gut | gut | 2 | 3 | 3 | 12-20 |
Festulolium | gut für mittel-trockenes Grünland | ertragreich | gut | wenig Erfahrungen | 30-40 | ||
Rohrschwingel | gut für trockenes u, feuchtes Grünland, kann Endophytentoxine enthalten | gut, robust | gut | wenig Erfahrungen, derb, hartfaserig, optimal für Pferde, breitet sich bereits natürlich immer mehr aus | 25-35 | ||
Q: 1973 Klapp, AGES, eigene Erfahrungen; 1 = stark, 5 = schwach
Einsaat braucht Kalk
Schließlich darf bei Einsaaten und Wiesen Neuanlagen niemals die Kalkung vergessen werden. Die langfristig beste Einsaatwirkung wurde bei Kalkung, Düngung und Beweidung festgestellt.

Super Heu mit standortgerechter Einsaatberatung
Ein Kärntner Jungbergbauer (mit meiner) Grünlandberatung seit 2018 auf 1300 m Seehöhe berichtet soeben zu diesem Beitrag:
Heuer bzw 2021 mit diesem Heu: 9000 Liter Stalldurchschnitt!
Bei so einer Ernte sind Bauer und Berater zufrieden